Zwischen Skalpell, Innovation und Drittem Reich: Ferdinand Sauerbruch/ Neue Folge des gesundheit-hören-Podcasts „Siege der Medizin“

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Ferdinand Sauerbruch entwickelte revolutionäre neue Operationstechniken. Aber es gibt noch eine andere Seite des brillanten Chirurgen: Im Dritten Reich wurde Sauerbruch zum Aushängeschild des Systems und machte sich mitschuldig an Menschenversuchen in Konzentrationslagern. Schauspielerin Andrea Sawatzki erzählt in der neuen Folge des gesundheit-hören-Podcasts „Siege der Medizin“ die Geschichte des berühmten Chirurgen.

Ein leidenschaftlicher Arzt, der Maßstäbe in der Chirurgie setzt, der sich für Patientinnen und Patienten gegen alle Widerstände einsetzt – der sich aber auch mit den Nationalsozialisten gemein macht und Hitlers Verbrecherregime öffentlich unterstützt: Ferdinand Sauerbruch war ohne Zweifel eine geniale, aber auch sehr widersprüchliche Persönlichkeit. „Siege der Medizin“, das erfolgreiche medizinhistorische Podcastformat des Wort & Bild Verlags, lädt in der zweiten Folge der neuen Staffel die Hörerinnen und Hörer ein auf eine spannende Reise durch Sauerbruchs Leben – mit Schauspielerin Andrea Sawatzki als Sprecherin.

Expertin in dieser aufwändig produzierten Podcastfolge ist Dr. Judith Hahn, Historikerin am Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité. Ein Schwerpunkt von Hahns Forschung war unter anderem die Medizin im Nationalsozialismus und in der Neuzeit. So hat sie 2018/19 eine Ausstellung zum Thema Sauerbruch kuratiert – unter dem passenden Titel „Auf des Messers Schneide“.

In jungen Jahren spricht übrigens zunächst nichts dafür, dass Ferdinand Sauerbruch mal ein berühmter Arzt werden könnte. „Er stammt aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, und die Tatsache, dass er studiert hat und Arzt geworden ist, ist für ihn ein gesellschaftlicher Aufstieg gewesen“, erklärt Judith Hahn. Das Wohl der Patientinnen und Patienten stellt Sauerbruch von Anfang an in den Mittelpunkt seines Schaffens. So rettet er – nach eigener Darstellung – bei einer seiner ersten Anstellungen als Assistenzarzt einem Patienten das Leben, weil er ihn gegen die Widerstände der Oberschwester, die eine Behandlung am Sonntag verwehren will, operiert.

Noch als junger Arzt entwickelt Ferdinand Sauerbruch an der Chirurgischen Universitätsklinik in Breslau ein revolutionäres Verfahren, um Lungenoperationen durchführen zu können. Das sogenannten Druckdifferenzverfahren, bei dem die Chirurgen mit einer speziell konstruierten Unterdruckkammer arbeiten, verhindert bei Verletzungen des Brustfells einen sogenannten Pneumothorax, bei dem die Lunge in sich zusammenfällt. Das Sauerbruchsche Druckdifferenzverfahren gilt als Meilenstein der Medizingeschichte – es ist ein Durchbruch für die Thorax-Chirurgie und für Sauerbruch selbst. Später, unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges, forscht er unter anderem zu Prothesen und entwickelt eine künstliche Hand – „eine Technik, die bis nach dem Zweiten Weltkrieg noch verwendet wurde“, so Medizinhistorikerin Judith Hahn.

Dass sich Ferdinand Sauerbruch später öffentlich zum Naziregime bekennt und sich mitschuldig macht an den verbrecherischen Menschenversuchen in den Konzentrationslagern, schmälert zwar nicht seine Leistungen als hervorragender Chirurg. Doch sein Verhalten wirft einen großen Schatten auf das Lebenswerk dieses außergewöhnlichen Mediziners, der 1951 stirbt. „Sauerbruch repräsentiert den Typus des bürgerlichen deutschen konservativen Akademikers“, ordnet Judith Hahn ein. „Man kann ihn vielleicht auch als beispielhaft für eine Mehrheit von Deutschen in dieser Zeit nehmen.“

Wollen Sie mehr erfahren über die bahnbrechende Arbeit und das Leben von Ferdinand Sauerbruch? Ab dem 24. April 2024 können Sie die neue Folge von „Siege der Medizin“ unter www.gesundheit-hoeren.de abrufen. Übrigens: Die aktuelle Staffel von „Siege der Medizin“ betont auch den Beitrag von Frauen in der Medizinhistorie, so Peter Glück, Chefredakteur Audio beim Wort & Bild Verlag. So wird in weiteren Folgen die Arbeit der Chemikerin und Röntgen-Kristallographin Rosalind Franklin oder Gerty Cori, Biochemikerin und erste Nobelpreisträgerin für Medizin, beleuchtet. 

Siege der Medizin auf einen Blick

Der Podcast dreht sich um die größten medizinischen Errungenschaften und die Persönlichkeiten, die sie vorantrieben – in der ersten und zweiten Staffel spannend und plastisch erzählt von Ulrich Noethen, ab der dritten Staffel von Schauspielerin Andrea Sawatzki. Neben Expert:innen lassen die Erzähler:innen die Geschichte selbst zu Wort kommen und nehmen die Hörer:innen mit auf eine Zeitreise in die jeweiligen Situationen und Orte der medizinhistorischen Meilensteine. Mit hörspielartigen Dialogen, Expert:innenstimmen sowie einem herausragenden, sparsam eingesetzten Sounddesign aus Musik und reduzierten Geräuscheffekten verbindet der Podcast Informationsvermittlung mit Gänsehaut beim Zuhören und macht aus Medizingeschichte ein besonderes Hörerlebnis. Das kommt bei den Hörer:innen an: Mit bislang mehr als 770.000 Downloads und Streams und einer Top-Platzierung in den Apple-Charts der Gesundheitspodcasts gehört das Format zu den Publikumslieblingen.

Siege der Medizin kommt ab sofort wieder alle vierzehn Tage neu von gesundheit-hören, dem Audio-Angebot der Apotheken Umschau. Kostenlos abrufbar ist Siege der Medizin auch überall sonst, wo es Podcasts gibt, z.B. bei Spotify oder Apple Podcasts.